In dieser Woche war es mal wieder so weit. Sowohl auf Bundes-, als auch auf Landesebene wurde die aktuelle Kriminalstatistik veröffentlicht und von Minister_innen kommentiert. Es war wieder die Rede von besorgniserregenden Befunden mit dem statistischen Nachweis, der Anteil von Kindern und Jugendlichen sei im Bereich der Gewaltkriminalität im Vergleich zum Vorjahr drastisch gestiegen. Die Schlussfolgerung von einzelnen Verantwortungsträgern war reflexartig und erwartungsgemäß, man müsse das Strafmündigkeitsalter von 14 auf 12 Jahre senken.
Diese plakative Forderung ist nicht neu. Sie wird medial sofort aufgegriffen. Auch wenn diese Argumentation als wiederkehrendes Ritual aus der Sicht einzelner gesellschaftlicher Bereiche nachvollziehbar sein kann, so entspricht sie eindeutig nicht der Grundhaltung des Kinderschutzbundes Landesverband Sachsen und seiner Mitgliedsverbände. Mehr Strafrecht heißt nicht weniger Jugendkriminalität. Kinder und Jugendliche sind keine jungen Erwachsenen und vor allem keine wegzuschließenden Straftäter. Es ist erforderlich, Kindern und Jugendlichen geeignete Wege, Räume und Möglichkeiten zu geben, sich konstruktiv entwickeln zu können. Die Strafmündigkeit liegt, mit Ausnahme der NS-Zeit, seit 1923 im Jugendgerichtsgesetz und galt seit 1953 in der DDR und der Bundesrepublik. Und so soll es auch bleiben.
Eine Senkung der Strafmündigkeit auf unter 14 Jahre würde bedeuten, dass jüngere Kinder für Straftaten verantwortlich gemacht und so bestraft werden könnten. Dies zieht rechtliche, ethische und soziale Implikationen nach sich. Auch wenn manche meinen, man müsse frühzeitig ein gravierendes Zeichen setzen, so kann ein Wegschließen nicht die Lösung sein. Es gibt auch keine diesbezüglichen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Selbst die geschlossene Heimerziehung in der DDR hat sich nicht als nachhaltig erwiesen. Vielmehr hat man dies erkannt und ehemalige Betroffene auch entschädigt.
Der Kinderschutzbund setzt sich daher auch weiterhin dafür ein, Kindeswohl zu sichern und Kinder vor Gewalt und Missbrauch zu schützen. Das Ziel ist, Kindern zu ihrem Recht zu verhelfen und ihnen ein gelingendes Aufwachsen zu ermöglichen. Jeder weiß, Erziehung kann auch ein „schwieriges Geschäft“ sein. Deshalb muss es darum gehen, Kindern und Jugendlichen Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen, einander ohne Gewalt, Neid und Missgunst zu begegnen. Dies betrifft die familiale Umgebung, die Erziehenden genauso, wie die Kitas, die Schulen oder das soziale Umfeld. Deshalb kann nicht die strafrechtliche Sanktion von Kindern das Gebot der Stunde sein, sondern die gewaltfreie Auseinandersetzung. Dort, wo konflikthafte Vorkommnisse auftreten, sollten immer noch zunächst familiengerichtliche Maßnahmen vor strafrechtlichen Maßnahmen greifen.
Damit dies vor Ort auch gelingen kann, sind die jeweiligen Träger in die Lage zu versetzen, mit dem erforderlichen Personal- und Sachaufwand zu agieren. Das betrifft die Familie, die öffentlichen Institutionen wie Polizei, Justiz, Kinder- und Jugendhilfe, die Schule und die außerschulischen Bereiche.
Der aktuelle Entwurf des Haushalts des Freistaates Sachsen für 2025/26 geht zwar in vielen Bereichen von einer Konsolidierung aus, der Kita-Bereich ist allerdings ergänzungsbedürftig, zumal Kostensteigerungen und Inflation derzeit nicht „eingepreist“ sind. Nur mit einer vernünftig ausgestatteten sozialen Infrastruktur lassen sich aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen zur Sicherung von Kindeswohl zufriedenstellend bearbeiten und damit die Diskussion um die Herabsetzung der Strafmündigkeit wieder in die Mottenkiste verweisen. Eine Absenkung würde fundamental den Grundsätzen des DKSB widersprechen.
Beschlossen auf der Jahresmitgliederversammlung
des Kinderschutzbundes Landesverband Sachsen e.V.
Dresden, den 05.04.2025